Indonesia News 02/2007
Die letzten beiden Wochen waren relativ ereignisreich, viel Zeit zum Schreiben blieb daher nicht. Wir brachen nach Bali auf, um dort ein paar Tage Urlaub zu machen. Die Reise entpuppte sich aber komplizierter, als wir dachten, einer der Hauptgründe war sicher die extreme Hitze, die uns zu schaffen machte. Unter Tags war es fast unmöglich, etwas zu unternehmen, am Abend waren wir oft zu müde dazu. Zudem hatte ich mir am 14.02. eine Magenverstimmung eingefangen, mit der ich noch immer etwas kämpfe. Ausgerechnet an unserem einjährigen Verlobungstag begaben wir uns in ein Restaurant der gehobenen Klasse. Ich trank das erste Mal nach 5 Wochen Bier und zum Nachtisch ein Milkshake.....und schon war es geschehen.....Dünnpfiff zum Quadrat! Ich versuchte meine Krankheit mit Tee zu kurieren, was noch fateler ausfiel, da, wie sich nachher herausstellte der Tee mit schmutzigem Wasser aufgekocht wurde. Trotzdem unternahmen wir einige Touren, vorallem in die Berge und die Reisfelder um Ubud.
Ein paar Eindrücke über die Reise: die Hinfahrt war ein heisser Ritt. Wie schon vor 2 Jahren nahmen wir den Langstreckenbus. Er ist gut ausgestattet, klimatisiert mit Schlafsesseln, fährt am Nachmittag in Bandung ab und erreicht am nächsten Abend nach 26 Stunden Fahrt Denpasar auf Bali. Tagsüber geht es aufgrund des starken Verkehrs an Javas Nordküste eher gemütlich dahin, während in der Nacht der Bus richtig loslegt. Obwohl sich zwischen Cirebon und Surybaya ein fast durchgehendes Siedlungsgebiet ausdehnt, stehen oft 100 km/h und mehr auf dem Tacho, wenn der Bus durch die Ortschaften braust. Im Konvoi mit mehreren Bussen kommt ein wenig Mille-Miglia-Feeling auf.
Bei Sonnenenaufgang ist vorerst mal Schluss mit dem heissen Ritt: südlich von Surabaya stehen wir über ein Stunde im Stau. Der Grund: der Lapindo - Schlammvulkan, auf den ich später noch einmal zurückkommen werde. Weiter geht es an der Küste, vorbei an endlosen Zuckerrohrplantagen mit teilweise tollen Ausblicken auf das Meer, wo gerade Hunderte von Segelbooten mit dem Fischfang zurückkommen. Plötzlich taucht hinter einer Kurve ein wahres Monster auf: Ein Kraftwerk, wie ich es noch nie gesehen hatte. 4 riesige Blöcke, hell erleuchtet, mit Schornsteinen, die in den Himmel reichen. Dahinter breitet sich ein endloses Kohlelager aus. Wir haben das Kraftwerk Paiton erreicht, dass gleich 2 Rekorde innehat: zum einen soll es das Bauwerk sein, bei dem das meiste Geld in korrupte Taschen wanderte, zum anderen soll es weltweit eines der inneffizienten Kraftwerke darstellen. Durch die entlegene Lage geht ein grosser Anteil der erzeugten Energie durch Leitungsverluste verloren. Zudem muss die Kohle über weite Strecken mit Schiffen an den Verladehafen transportiert werden.
Eine Freundin von Patty's Schwester holt uns in Denpasar ab und bringt uns ins Hotel Prawita, in dem wir auch bei unserem letzten Besuch übernachteten. Ich mag das Hotel, da die Anlage traumhaft schön ist. Leider wurde seit dem Bau kein Cent mehr investiert, weshalb viele Sachen nicht funktionieren. Zudem ist die Luft im Zimmer extrem schlecht, weshalb wir nach drei Tagen ins Bali Summer Hotel übersiedeln, das keine 5 Minuten vom Strand entfernt liegt. Wir unternehmen einige Ausflüge mit Mercy und ihrem Ehemann, einem Niederländer, der von Bali aus einen Holzhandel betreibt. Zu dieser Zeit sind die Reisfelder am schönsten, da auf vielen Feldern gerade erst der junge Reis angepflanzt wurde. Bei Temperaturen von 35°C und einer extrem hohen Luftfeuchtigkeit konnte man allerdings wenig unternehmen. Zudem herrscht in Bali extreme Katerstimmung: seit der zweiten Attentatsserie ist der Tourismus praktisch zum Erliegen gekommen. Nur wenige grosse Hotels, die von internationalen Veranstaltern gebucht werden, sind halbwegs im grünen Bereich, der Rest ist gähnend leer. Das hat zum einen den Vorteil, dass Bali noch günstiger geworden ist. Bereits ab 12,- Euro bekommt man hier ein Doppelzimmer in einem gepflegten Hotel mit Pool.
Zum anderen ist die Zahl der Hausierer und Strandverkäufer nicht zurückgegangen, so kommen derzeit auf einen Touristen ca. 10 Verkäufer......Besuche bei Sehenswürdigkeiten können daher oft in Spiessrutenläufen ausarten. Vorallem, wenn so sinnvolle Gegenstände wie hölzerne Motorräder oder Buyshirts (Leiberl, die so schiach sind, dass man sie nur kauft, um den lästigen Verkäufer loszuwerden...) handelt. Neben dem ganzen Kram gibt es natürlich auch jede Menge einzigartiger Kunsthandwerksgegenstände. Vorallem die Holzschnitzereien von Bali sind der Hammer...allerdings schwer zu transportieren.....
Wenn man es noch grösser will, kann man sich geschnitzte Massivholzmöbel mit dem Container bringen lassen.
Bei der Rückfahrt beschliessen wir, in Surabaya einen Zwischenstopp einzulegen. Anstatt des grossen Busses nahmen wir diesmal einen Minibus, genannt "travel". Das erwies sich als fateler Fehler: obwohl der Bus um einiges teurer war als der Reisebus, war der Komfort unter jeder Sau: die Sitze waren schmal und boten keinen Seitenhalt, die Klimaanlage war hin und der Bus hatte scheinbar keine Federung. Total gerädert fielen wir am frühen morgen in Surabaya aus der Karre. Gott sei Dank stand gleich ein Bett bei Patty's Bekannten bereit und wir konnten bis Mittag unser Schlafdefizit aufholen. Die Familie unterhält eine Privatschule, züchtet Bonsai und ist im Besitz einer eindrucksvollen Mineraliensammlung.
Am Nachmittag stand grosses Sightseeing am Programm: die Hauptattraktion der Region, der Lapindo Vulkan.
Seit meiner Ankunft in Indonesien vergeht kein Tag ohne einen Medienbericht über die Naturkatastrophe. Im Mai 2006 hatte die Firma hier mit Erdgasbohrungen begonnen. Aufgrund eines unfachmännischen Bohrverfahrens entstand in der Erde ein Riss, aus dem seitdem unaufhörlich heisser Schlamm aus der Tiefe sprudelt. Ca. 130.000 Kubikmeter sind es pro Tag, eine Menge, die mittlwerweile 4 Ortschaften unter sich begraben hat. Der Mensch steht diesen Massen hilflos gegenüber, mehrere versuche, die Schlammflut einzudämmen, sind fehlgeschlagen. Lediglich durch die Aufschüttung von Dämmen konnte der Schlamm bis jetzt von der Strasse und der Eisenbahnlinie ferngehalten werden. Es laufen jedoch bereits Überlegungen, die Strasse und die Bahn umzulegen, da sich der Boden bereits zu senken beginnt. Wir kommen gerade zurecht, als eine Demo gegen die Firma Lapindo stattfindet. Die mittlerweile mehr als 10.000 Geschädigten fordern eine Abfindung für ihre verschütteten Häuser und Geschäfte. Lapindo ist bereit zu zahlen, das Geld kommt aber nur in sehr kleinen Raten. Ein Fussmarsch durch die Ortschaften zeichnet ein trauriges Bild: von vielen Häusern schauen nur mehr die Dächer aus der grauen Masse, ab und zu versuchen noch Leute, ihre Habseligkeiten zu retten: Möbel werden rausgetragen, Dächer abgedeckt. Da der Vulkan schon Berühmtheit erlangt hat, bieten sich Führer und Mopedtaxis an, um Besuchern den Weg zum Schlammvulkan zu erleichtern.
Am nächsten Tag stand Sightseeing in Surabaya am Programm. Die zweitgrösste Stadt Indonesiens hat einiges zu bieten. Für eine Hafenstadt ist Surabaya erstaunlich sauber und hat eine interessante Altstadt. Im Araberviertel gibt es einen richtigen überdachten Bazar, von dem enge Seitengassen wegführen. In der Neustadt befinden sich die Hochhäuser einiger Banken und Nobelhotels, sowie das grösste Einkaufszentrum Südostasiens. Die neunstöckige Tunjungan Plaza hat durch einen Zubau das einst weltgrösste Einkaufszentrum, die Taman Anggrek in Jakarta überholt.
Die Rückreise nach Bandung traten wir diesmal im Schnellzug Argo-Wilis an. Die dreizehnstündige Fahrt durch Reisfelder ist immer wieder schön, vorallem die letzten Kilometer im Hochland um Bandung sind ein Erlebnis.
© simi
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