Dienstag, 24. August 2010

Woodquarter Hells Angels


Es ist prachtvoll vollbracht!

Ich darf meinen Nachwuchs an das Thema angewandte Motorik heranführen.
Der 15. Geburtstag macht es möglich. Gleichzeitig gibt es mir die Möglichkeit, meine familiäre und pekuniäre Enthaltsamkeit hinsichtlich der motorisierten zweirädrigen Bewegung etwas zu kompensieren.


Wenn schon Motorisierung, dann standesgemäß – erleichtert durch die Vorgabe meines Anverwandten nur sportliche Zerknalltreiblinge in die ländliche Garage zu stellen, bemühte ich die ewigen Weiten des Internetzes mit der Suche nach passendem Gestühl. Die ersten Suchergebnisse waren mehr als ernüchternd. Defektes bis durchgesessenes Material bot sich uns zu einseitigen Wunschpreisen dar – die Geduld war auf unserer Seite … bis zum Go-Live hatten wir noch ausreichend Zeit. Umso überraschender der dann unverhofft günstige elektronische Auktionszuschlag.

In die nähere Auswahl kamen rot betaferlte Sportler der Marken Aprillia, Rieju, Derbi, Yamaha. Bis auf die Derbi werden sämtliche Kampfgelsen von gleichen Motoren angetrieben – diese Gemeinsamkeit lässt uns damit die Handhabe, uns auf Ausstattung und Schönheit zu konzentrieren. Nachdem wir mehrere Eisen im Feuer hatten, hat uns der überstürzte überaus leistbare Zuschlag bei einer Rieju RS2 Matrix aus dem Geburtsjahr 2008 überaus frohgestimmt. Zustand top, ein paar Kratzer machen das Teil männlicher und sehen nach starker kurveneingelagerter Bewegung aus …

So oblag es dem Stammesältesten und Beschleunigungskenner, die ersten Tests in freier Wildbahn durchzuführen. Das ermüdende Erklimmen des Hausberges mit Hilfe eines sehr kurz übersetzen ersten Ganges und einer eher peinlichen Schwungbewegung beider Gehwerkzeuge, um dem unweigerlichen Abwürgen zu entrinnen war dann durch vorheriges Warmlaufenlassen und Kontrolle der eigenen Gewichtsangabe mit der höchst zulässigen Gesamtbelastung auch nicht zu verbessern. Ok, ich bin schwerer als zwei meiner Buben auf dem Bike, aber so beleidigen lass ich mich nicht von einem 95-Oktan trinkenden Schreihals! Unverständnis machte sich mir breit, als mein Sohnemann dennoch glücklich von diversen Probefahrten zurückkam … alleine der Vergleich fehlte ihm.

Dem musste geholfen werden. Das Schöne am Einheitsbrei sind auch die einheitlichen Kastrationsmaßnahmen. Es war uns klar, dass der Entlüftung eines Sportgerätes große Aufmerksamkeit geschenkt werden muss. Glücklicherweise hat die Schmutzige Arbeit der Vasektomie schon jemand vor uns übernommen – aus Angst vor der eigenen Geschwindigkeit diese aber wieder rückgängig machen lassen. Erstaunlich professionell: Beide Drosseln waren auf eine Schelle, die zwischen Resonanzrohr und Krümmer eingeschraubt war geschweißt. Damit war die Kastration ein schneller Schnitt. Es hat auch gar nicht weh getan.

Voll der Erfolgserwartung halfen wir der Hübschen wieder in ihre Kleidung und setzten zum gemeinsamen Ausflug an. Es ergab sich folgendes Bild: Die spanische Fliege zieht ab 4000 upm mächtig an ... leider nur bis 7000, dann fängt sie zu stottern an. Eigentlich klar, wir haben die Abgasentsorgung vollständig geöffnet - ohne an die Einlassseite zu denken und den damit wesentlich erhöhten Kalorienbedarf … Auch Rennfahrerseppn haben schlechte Tage.

Und wieder hilft der Einheitsbrei – größere Hauptdüsen für die Vergaser gibt es wie Bier im Schweitzerhaus. Der Einbau wurde erfolgreich durchgeführt und dauerte nur ungleich länger als die Aufnahme des vorangegangenen Vergleichsobjektes. Aber meine Unruhe war noch nicht beseitigt … wenn die Gelse nun frei Atmen kann, wenn die Gelse nun jede Menge Blut zum Saugen bekommt, dann erhöht sich damit der Flügelschlag – wer kümmert sich um die Schmierung der Flügel?

Sehen wir mal nach der Ölpumpe … Deckel runter und Gas geben, naja die könnte noch ein Stück weiter öffnen, das lässt sich ja mit einem Schräubchen verbessern, wenn da nicht das Seil nur mehr auf einer Litze hängen würde. Also manches Mal hat man auch Glück im Leben. Reißt nur das Seil zur Ölpumpe bemerkt man es erst, wenn das Hinterrad blockiert und man unelegant - ohne den Lenker auszulassen - über das Vorderrad absteigt.

Einheitsbrei ist doch nicht Einheitsbrei … es gibt der Gaszüge selbst für idente Modelle viele und so bleibt einem nichts anderes übrig, als mit dem ausgebauten Gaszug zum Freundlichen zu gehen und dort das genau passende Teil zu beschaffen.

Endlich entdrosselt. Endlich richtig bedüst. Endlich beölt. Endlich verkabelt! Der finale Zusammenbau glich einem Ritual, welches mein Spross und ich zelebrierten. Jede Schraube wurde einzeln und mit weißen Handschuhen aus der Lager-Stellung entnommen. Die Teile waren wohlweislich auf einem Tisch gruppiert und nach geographischer Zugehörigkeit drapiert worden. Der Umbau zog sich aufgrund des Zeitmangels und der Ersatzteilbeschaffung über 1 Monat. Da weiß keiner mehr, welche Mutter welchen Schrauben zieren soll.

Zusammengeschraubt. Es war bereits 21:00 Uhr, es regnete – aber keiner konnte uns an diesem Abend die erste Ausfahrt mit ca. 10PS auf 100kg nehmen. Wir steckten unsere verschwitzten Schädel in die Hardplastik-Schutzhülle und ritten gen Süden.

Den zu Beginn beschriebenen Hausberg schaffte das Teil nun positiv ‚beschleunigend‘ bis 40km/h, dann musste kurvenbedingt gebremst werden.

Mein Junior stieg nach dem ersten Beschleunigungs-Test vom Bock und meinte nur: „Ich zittere. Aber ich weiß jetzt nicht, ob es von der Kälte ist oder vom Glücksgefühl…“ (wir hatten um die 20 Grad).

Jetzt nur keine Feindberührung und den Helm nicht vergessen! Alles Gute zum 15.!


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